Liebe Mitforscher,

von Zeit zu Zeit habe ich mich im Zuge meiner Ahnenforschung gefragt, welche Rolle der eine oder andere Vorfahre während der NS-Zeit gehabt hat. Ich meine damit nicht Soldaten (da hilft ja die WASt). Auch die Leute im Widerstand konnte ich herausfinden. Mir geht es vielmehr darum, ob jemand eine Funktion in der NSDAP oder sonstigen Einheiten hatte, die über die reine Parteimitgliedschaft (die vermutlich damals viele hatten) hinausging etc.. Solche Dinge werden ja in den meisten Familien nie besprochen - bis kein Vorfahre mehr lebt, der etwas wissen könnte. Kennt ihr ein Archiv oder eine Stelle, bei der man in diese Richtung nachfragen/nachforschen kann? Oder hat man all diese Unterlagen bei Kriegsende vernichtet?

Vielen Dank für jeden Tipp!
Liebe Grüße
Andreas

Einen Versuch ist es wert
https://www.findbuch.at/de/

Mit etwas „Glück“ findet man z.B. für Linz unter Parteidienststellen und Innungen einen Gesuchten
https://www.findbuch.at/en/linz-address-directory-1940.html
Liebe Grüße, Karin

Danke Karin!
Bin zwar dort nicht fündig geworden, aber es war wenigstens ein Hinweis. Mich verwundert, dass das Thema scheinbar sonst niemanden interessiert. Offensichtlich machen selbst Ahnenforscher noch einen großen Bogen um die jüngere Vergangenheit...

Ich werde mich vermutlich noch an das Österreichische Staatsarchiv wenden.

Danke und liebe Grüße
Andreas

Vielleicht will man es gar nicht wirklich wissen, wenn jene Ur/Großeltern, die man noch persönlich gekannt und gemocht hat, nicht nur Sympathisanten sondern Täter waren.
Angenommen man fände einen Urahn, der mit Dschingis Khan geritten ist, wäre das nur eine spannende Entdeckung auf die man sogar ein bisschen stolz sein wäre. Stellte sich aber heraus, dass enge Familienmitglieder mehr als nur Mitläufer waren, wirft das unter Umständen ein schlechtes Licht auf den eigenen Charakter (wie bei der Erbsünde).
Wenn ich mich mit den Vorfahren beschäftige, ist es auch immer eine Suche nach etwas Gemeinsamen: wem sehe ich, sehen meine Kinder ähnlich, welche Gesten habe ich „ererbt“, welche Krankheiten, welche Interessen etc und auch welchen Charakter?

Das ist zwar nur Küchenkastlpsychologie, noch dazu eine sehr schlichte, aber ich glaube, dass dieses Thema erst für die nächste Ahnenforscher-Generation , die keine persönlichen Erinnerungen an diese Vorfahren mehr hat, einfacher wird.

Liebe Grüße, Karin

Das Thema interessiert viele aber man will die nahe Familiengeschichte nicht in der Öffentlichkeit von Internetforen breittreten.Generell wäre es interessant in welcher Gegend Österreichs darüber geforscht wird. Die Entnazifizierung ist bei den Besatzungsmächten ja unterschiedlich abgelaufen.
Neben den Archiven, auch von Bezirkshauptmannschaften, gibt es noch ein Dokumentationszentrum in Hartheim
Für Oberösterreich gibt es z.B. ein Buch, das heißt "Im Heimatkreis des Führers" Da geht es eigentlich um Widerstand und Verfolgung im Bezirk Braunau, aber es werden viele Namen von Nationalsozialisten genannt.
Es gibt, glaube ich, auch keine Namenslisten von den 10.000 Mitgliedern der "Österreichischen Legion", die ja zur SA gezählt wurde.
Seit kurzem sind die Namen der Wachmannschaften vom KZ Ausschwitz im Internet veröffentlicht.
Vielleicht hast du Recht und die Verwandten, die etwas wissen, warten bis alles entpersonalisiert ist und nur noch historische Fakten. Mir persönlich wurde viel erzählt und ich habe auch immer wieder bei den Verwandten nachgefragt und nicht lockergelassen.
Viele Grüße Josmon

Danke für eure Kommentare!
Ich glaube, diese Entscheidungen muss jeder für sich treffen. Es gibt viele verschiedene Beweggründe für unser schönes Hobby der Ahnenforschung. Für mich persönlich sind alle Facetten meiner Ahnen interessant, nicht nur die, auf die ich stolz sein kann. Dabei geht es mir auch darum, uns heute besser zu verstehen, zB: welche Verhaltensweisen, Muster oder Krankheitshäufungen ziehen sich durch Generationen und warum. Oder es haben zB in etlichen Generationen kriegs- oder krankheitsbedingt die Männer gefehlt.
Mir geht es jedenfalls nicht darum, aus der heutigen Zeit Kriegstaten zu bewerten oder gar um Schuldfragen. Ich hab nur nach sieben Jahren Ahnenforschung schmunzelnd festgestellt, dass ich mittlerweile zwar weiß, welcher Ahn im 17. Jahrhundert wie viele Kühe und Hühner besessen hat, aber nicht weiß, wohin man sich mit der Frage wendet, welche Rolle zB Urgroßväter während der Kriege gespielt haben.
Jemand hier hat mir eine private Nachricht geschickt und den Tipp gegeben, mich an das Staatsarchiv zu wenden.

Liebe Grüße
Andreas

Es ist meines Wissens teilweise auch gar nicht so einfach, etwas Spezielles über die Zeit des 2. Weltkrieges zu erfahren. Ich hätte im Wiener Staatsarchiv schon mehrere Anfragen gestartet, weil mich die Personenakten - teilweise von Verwandten, teilweise auch von den Gefallenen von meinem Heimatort - interessieren würden. Leider ist da kaum etwas zu finden (in meinem Fall eine Erfolgsquote von unter 10 %). Ich habe das natürlich auch hinterfragt. Die Antwort: Diese Personenakten wurden nicht zentral gelagert, sondern an mehreren Stellen. So manches "Aktendepot" wurde dann eben gegen Ende des Krieges vernichtet, so manches eben nicht. Und meine gesuchten Akten hätten da eben Pech gehabt.

Beim 1. Weltkrieg sieht es bei mir wieder ganz anders aus. Da konnte ich natürlich auch nicht alles finden, aber bei schätzungsweise 70 - 80 % der Personen, die ich gesucht habe, wurde ich fündig.

Ob man im Staatsarchiv auch etwas über "zivile" Funktionen der braunen Partei findet - keine Ahnung. Aber fragen kann nicht schaden. Die sind dort sehr hilfsbereit.

LG
Thomas

Lieber Andreas

Auch ich befasse mich mit dieser Zeit im Moment sehr. Auch ich möchte keine Schuldzuweisungen an meine Ahnen machen. Ob jemand in der NSAP war oder nicht spielt für mich nicht so eine grosse Rolle. In fast jeder Familie gab es Nazis. Für mich als Schweizerin war es interessant z.B einen Ahnenpass in der Hand zu halten. Und nur dass was dort vom Gedankengut verbreitet wurde lassen einem die Haare zu Berge stehen. Trotzdem ist dieses Büchleine eine wahre Fundgrube. Dank diesem Büchlein konnte ich die Einheit meines Grossvaters herauslesen. Leider konnte ich ihn nicht mehr viel fragen, da er schon Tod war als ich mich für seine Geschichte interssiert. Wenn es um Krieg geht, das meine Grossmutter als schmutziges Geschäft betitelt, dann gibt es immer Verlierer.
Ich wollte nur Wissen wo mein Grossvater während des Krieges war. Es wurde mir von meine Grossmutter viel erzählt, denn sie fand dass dies für die nächste Generation wichtig sei. Das so etwas Schreckliches nie wieder passiert. Sie hat erzählt wenn man sie gefragt hat.

Ich glaube etwas über den 2.Weltkrieg zufinden ist viel schwieriger.

Für mich ist bei der Ahnenforschung kleine Puzzlesteile schon wichtig. Alles möchte ich auch gar nicht Wissen. Einblicke ja, aber nicht mehr.

LG Bettina

das Thema ist für mich nicht so weit her, denn meine beiden Eltern haben den Krieg noch miterlebt, auch meine Schwiegereltern. und natürlich war es oft Thema und weil jeder von ihnen ganz anders mit der Vergangenheit umging bzw auch ganz andere Situationen in dieser Zeit hatten

ich für mich habe es für mich so abgearbeitet, sie waren Kinder (od junge Erwachsener) dieser Zeit mit allen Beeinflussungen, mit all dem Leiden und Heldentum und man kommt nicht aus seiner Haut raus, auch später nicht.

für mich liegt damit das in der Vergangenheit, da kann man nichts ändern und darüber grübeln bringt mir auch nichts - ich kann versuchen zu verhindern, dass es wieder passiert