Guten Morgen

in meiner anderen Ahnenlinie habe ich interessante Geschichte, die ich fast eigenartig finde. Vielleicht habt ihr eine Erklärung dafür.

ich habe 4 Söhne eines kleinen Landwirts aus Müdesheim, Arnstein in Bayern. Der Vater war Landwirt. damals gab es dort anscheinend viel Weinbau, der aufgrund einer Krankheit od Schädling rapide zu Ende ging (damals?).

alle 4 Brüder landen früher oder später in Österreich und - das finde ich faszinierend - alle erlernten unterschiedliche Berufe. Bei unserer Landwirtahnenreihe war doch einmal Landwirt immer Landwirt, ev Knecht maximal Forstwirt.

Josef wurde in Wien Bäckermeister
Franz Xaver wurde Erfinder und starb zum Schluss ebenfalls in Wien
Michael war im Waldviertel k & K Förster und Jäger
und über Caspar finde ich unterschiedliches: Handelsagent und Firmenbesitzer in Wien und Niederösterreich

die Schwestern waren in der Nähe von Würzburg ebenfalls gut verheiratet (Schulmeister, Instrumentenbauer)

wie passt das zusammen? oder war das in Bayern doch nicht so unüblich? warum sind damals die Männer nach Österreich ausgewandert (von einem gibt's anscheinend Belege, dass er beim Ö Militär war)

habt ihr Ideen??

Über welchen Zeitraum sprichst Du?

Grundsätzlich halte ich die Idee unsere Vorfahren wären standorttreuer gewesen als wir heute für einen Mythos.

Meine eigenen Urgroßeltern wurden zwar bis auf eine Urgroßmutter in einem Umkreis von 10km geboren, bei meiner Frau reichen die Geburtsorte der gleichen Generation von Karlsruhe bis Posen und von Mariasdorf im Burgenland bis Oberhausen (Rheinland).

Bei den Burgenländern gibt es darüberhinaus das Gerücht, es handle sich teilweise um Siebenbürger Sachsen. Ein Zweig reicht bis um ca. 1590 in Xanten zurück. Die Nachfahren dieses Urahns wanderten die nächsten 300 Jahre den Rhein runter bis in die Arnhemer Gegend um schließlich um 1890 im Ruhrgebiet zu landen.

Einer meiner Vorfahren kam um 1770 aus Böhmen (und ich habe NIRGENDWO eine vollständige Ortsangabe gefunden) in unser rheinisches Dorf. Er war als Forstknecht von unserem Ortsadel mitgebracht worden.
Aber wenn gewandert wurde, dann entweder den Ehepartnern hinterher oder der Arbeit nach.

Mein Urgroßvater und seine beiden Geschwister sind als Kinder bzw. junge Teenager Vollwaisen geworden. Was an Besitz da war, haben sich die Verwandten unter den Nagel gerissen (so die Überlieferung) und die Kinder verteilt bis sie alt genug waren. Daß mein Urgroßvater den gleichen Beruf hatte wie sein Vater (Arbeiter) ist eher Zufall, da die Papierfabriken bei uns für die landlose Bevölkerung im Grunde die einzigen Alternativen für den Broterwerb darstellten.

Insofern halte ich es für mehr als wahrscheinlich, wenn die vier Landwirtssöhne aus deinem Beispiel sich nach dem Verlust ihres Elternhofes umorientierten und dorthin gingen, wo sie Geld verdienen konnten. Die interessanteste Frage dabei ist übrigens: Wo starben die Eltern?

Hallo Pascal

die Brüder sind ca zwischen 1773 (Josef - unsichere Angabe), Franz Xaver (1776 - ebenfalls unsichere Angabe) und Michael (1786 - dieses Datum wird bei seiner 2.Hochzeit 1865 genannt) auf die Welt gekommen.

Josef heiratet als Bäckermeister 1806 in Wien
Franz Xaver war laut Wiki beim Ö Heer (bis 1798) und starb 1818 in Wien
da war Michael k&K Jäger in Seebenstein, heiratet dann 1830 im Waldviertel
Kaspar war in NÖ und Wien tätig, ich hab da unterschiedliche ev passende Einträge gefunden, ziemlich sicher ihm zuzuschreiben sind die Geburten 2 Töchter 1818 u 1819 in Wien. bei der Verlassenschaft in von FX war er in Wien

Laut Verlassenschaftsakt von Franz Xaver gibt es eben noch 2 Schwestern, die in Würzburg verheiratet sind. Von den Eltern wird da nichts mehr geschrieben


Die große Wandertätigkeit habe ich bei meinem "Bauern-Ahnenstamm" überhaupt nicht und auch nicht die Ausbildung zu fremden Berufsgruppen (1 Schiffsknecht war schon die Sensation) - und dann gleich bei 4 Söhnen.

Geschichtlich hätt ich gedacht, lag Bayern u Österreich ziemlich im Streit zu dieser Zeit

liebe Grüße

Vitulus

Dieser Wechsel in bürgerliche Berufe und auch noch als Meister oder Firmenbesitzer ist sicher nicht die Regel, da stimme ich vitulus zu. Aber möglich war es. Ich habe einen ähnlichen Fall etwa zur gleichen Zeit:
Die Brüder Anton (*1771) u. Jakob (*1775) Pertinger heiraten 1800, bzw. 1804 in Salzburger Kaufmannsfamilien ein und geben dabei an, eheliche Söhne des Blasius Pertinger, Meyerei-Inhaber in Waldkirchen "im Passauischen" und der Korona Stadler zu sein. Die Mutter ist aber 1783 ledig gestorben, zur Zeit der Geburt der Kinder war der Vater "Pechler". Ob er später noch Meyerei-Inhaber geworden ist, habe ich noch nicht herausgefunden. Ehelich war ihre Geburt auf jedenfall nicht.
Vielleicht haben die "napoleonischen Wirren" solche Vorgänge begünstigt. Dabei hat es ja auch stark wechselnde staatliche Zugehörigkeiten verschiedener Territorien gegeben.

Ins Militär einzutreten oder in den herrschaftlichen Dienst war vermutlich weniger ungewöhnlich.

Wanderungen waren zumindest bei Handwerkern nicht so selten, ich habe im tiefsten Mühlviertel (Sandl) einen Schuster aus dem Schwarzwald und in Ostermiething einen schwäbischen Schneider unter meinen Vorfahren. Mein Ururgroßvater (1865-1948) ist als Fleischhackergeselle von Gaming bis nach Hamburg gewandert.

Auch im herrschaftlichen Dienst ist es häufiger zu einem Ortswechsel gekommen, wenn die Besitzungen in verschiedenen Gegenden waren.

Robert.

ja aber bei dem "feindlichen" Militär beizutreten find ich etwas komisch.
und das alle Söhne einen fremden Beruf erlernten ebenfalls.
und das alle Söhne ist östliche Österreich ausgewandert sind

wie gesagt, ich finds noch immer eigenartig - wahrscheinlich wird sich das nie klären. Vielleicht hat noch wer eine Idee. (ein reicher Erbonkel in Wien oder so …)

schönes WE!

Daß die Brüder alle in der gleichen Gegen landeten wundert mich weniger (der Urgroßvater meiner Frau ist in die USA ausgewandert - samt all seinen Brüdern und alle zunächst in die gleiche Stadt). Einer zieht los und die anderen kommen nach, wenn der erste Erfolg hatte.

Daß die Brüder alle in "fremde" Berufe wechselten finde ich jetzt auch nicht sooo wahnsinnig überraschend. Die Verdienstmöglichkeiten im österreichischen Weinbau(?) dürften auch damals für Zuwanderer eher beschränkt gewesen sein.

Söldner in fremden Armeen waren allerdings nun wirklich nichts Ungewöhnliches.

Wie gesagt: mich würde interessieren, was aus den Eltern und dem elterlichen Hof geworden ist. War es ein Pachtgut? Hat der Vater nur Schulden hinterlassen?

ich hatte ja schon Kontakt zum dortigen Heimatverein, der hatte mir auch nicht weiterhelfen könne, dafür die Geschwister bestätigen (und einige Ergänzen) und eben die Verlassenschaft.

Franz Xaver war anscheinend damals eine Berühmtheit: https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Leppich

Eine spannende Geschichte!

Robert.

Hallo Vitulus,

Dein Posting ist schon ein Weilchen her, aber mir fiel was ein: ich kann jetzt nur für das Weinviertel bzw. March-Gebiet sprechen: Wenn Kriege waren und sich die Gegend etwas rehabilitierten und wieder österreichisches Gebiet war, kamen Auswanderer aus Bayern. Zwischen 1740–1748 war der Österreichische Erbfolgekrieg, der viele Länder betraf. So könnte es passen, dass 30 Jahre später immer noch Auswanderer aus Bayern gab.

LG, Manuela