Martin Polz wurde 1645 in der Herrschaft Ranna geboren als jüngster Sohn von Bauersleuten.
Sein Vater Simon stirbt 1655 mit 56 Jahren. Der 10-jährige Martin lebt mit Mutter Magdalena und der bereits großjährigen Schwester Maria im Hof „am Tallerl“.
Magdalena Polz kann die Wirtschaft nicht alleine bewältigen, sie heiratet erneut, die Kinder bekommen einen Stiefvater. Martin wird „in Dienst“ geschickt und arbeitet im Mayerhof der Herrschaft Prandhof.
Er dürfte ein aufgeweckter Bursche gewesen sein, der sich auf sich allein gestellt zu behaupten wußte. Der elterliche Hof war vergeben, er war dort nicht länger erwünscht, außerdem verlangte das Gesetz die Absolvierung der „Waisenjahr“ von vaterlosen Kindern. Martin erfüllt also verschiedene Aufgaben im Mayerhof, er mischt Futter, mistet, kümmert sich um die Nutztiere und deren Stallungen.
Etliche junge Leute werden solcherart am herrschaftlichen Mayerhof beschäftigt.

Martin hat offenbar bereits einige Erfahrungen in Liebesdingen gesammelt, als er 1667 dort die Hausmagd Barbara Herndl kennenlernt. Er ist mittlerweile Reitknecht im Schloß und bändelt an mit Barbara. Sie wird später aussagen, daß sie einmal wöchentlich von ihm beschlafen worden sei und er ihr versichert habe, er wisse eine Kunst, daß sie nicht schwanger werden könne, „soferne sie nicht bei einem anderen liege“.
Er versprach ihr sogar die Ehe. Barbara glaubte ihm. Romantische Nächte zu Ostern und „an Sunnawendtn“ folgten. Schließlich wurde Martin zur Weinlese nach Trandorf geschickt.
Sicherheitshalber befragt er sie zuvor einige Male, ob sie nicht schwanger sei. Wenn sie ein Kind erwarte, wolle er etwas dagegen besorgen, oder sie heiraten.
Barbara lernte inzwischen den 20-jährigen etwas einfältigen Martin Steinböck am Mayerhof kennen. Die beiden wurden ein Paar. Martin Steinböck war überaus verliebt und keineswegs erfahren in Angelegenheiten der Fortpflanzung.
Als ihm Barbara bereits hochschwanger gesteht, ihre „Monatsblüh“ sei ausgeblieben, weiß er nicht weiter. Er ist sicher, der Kindesvater zu sein. Beide fürchten sich vor strengen Strafen. Sie versuchen mittels magischer Pflanzenextrakte einen Abort zu erreichen, erfolglos. Barbara will das Kind töten, sie weiß keinen anderen Ausweg. Letztendlich bringt Barbara insgeheim hinter dem Stadel ihr Kind zur Welt, erdrosselt es und legt Krugscherben auf den kleinen Leichnam, um den Körper vor Tierfraß zu schützen.
Die Tat wird entdeckt und alle Beteiligten ausführlich verhört.

Martin Polz gibt das mehrmalige „fleischliche Vergreifen“ zu, betont aber mehrmals, er hätte die Barbara geheiratet. Er kenne keine geheimen Künste, die eine Empfängnis verhindern und sei gekränkt gewesen, weil sie sich mit einem anderen abgegeben hatte. Seine Antworten auf alle Fragen sind durchdacht, er ist auf alles vorbereitet, nichts bringt ihn aus der Ruhe.
Martin Steinböck hingegen als zweiter fraglicher Kindesvater ist völlig verängstigt, er weiß sich nicht zu artikulieren und gesteht alles, was man von ihm hören will. Das Verhörsprotokoll erweckt durchaus Mitleid.
Dieser Martin ist jedenfalls der jungen verzweifelten Frau beigestanden, wenn er auch letztlich nach der Geburt fortgelaufen ist, er betont immer wieder, es sei eine Sünde gewesen und er hätte es aber auch nicht verhindern können.

Das Urteil der Gerichts ist gnadenlos: sie muß sterben – erschwerend wurde die Tatsache befunden, daß sie ihr Kind nicht habe taufen lassen und somit der ewigen Verdammnis anheimfallen ließ. Barbara Herndl wird anno 1669 zur Richtstatt geführt, dort vom Freimann mit dem Schwert enthauptet und ihr Leichnam unter dem Galgen verscharrt.

Martin Steinböck wird zu einem Jahr Arbeit in Eisen verurteilt, weil er die Missetat nicht verhindert hat, er wird jedoch letztlich begnadigt und bedankt sich überschwänglich bei der „gnädigen Herrschaft“.
Martin Polz wird von jeglicher Mitschuld freigesprochen, selbst die begangene „Unkeuschheit“ wird ihm nachgesehen. Er hat sich erfolgreich „freigeredet“.
Ein Jahr nach Barbara Herndls grausamem Tod durch den Henker wird in Spitz anno 1671 ein unehelich geborenes Mädchen auf den Namen Magdalena getauft, sein Vater ist Martin Polz, Reitknecht im Schloß Ranna. Er weiß, daß er diesmal nicht ungeschoren davonkommt, läßt das unglückliche Mädchen mit dem Kind zurück und flieht aus der Herrschaft. Martin Polz schließt sich dem kaiserlichen Heer an, wie einige andere Männer in seiner Lage, die Werber fragen nicht nach, jeder ist willkommen.
Fern von der Heimat, in Philippsburg zu Baden-Württemberg ereilt ihn anno 1675 das Schicksal, er wird „durch eine Kugel erschossen“. Martin Polz wurde 30 Jahre alt.
Quellen: Pfarrmatriken, Herrschaftsakten Ranna, Spitz, Pöggstall

Traurig - wobei es mir immer sehr unwirklich vorkommt, daß ein uneheliches Kind ein Drama gewesen sein soll, dem der Tod vorzuziehen gewesen sein soll.

Was wurde aus Martin Steinböck?

Martin Steinböck ging später ins "Thal Wachau", wo er offenbar Verwandte hatte, er heiratete im Jahr 1676. Das Ehepaar hatte eine einzige Tochter, Theresia.
Martin lebte als Inwohner in Joching und starb anno 1717 aldort mit 69 Jahren ohne zu nennenswertem Besitz gekommen zu sein. Er hat sich wohl als Taglöhner verdingt.
MM

eine kurze Pause bei der Arbeit - Miss Marple hat eine neue Geschichte:

Gläschen Sekt eingeschenkt und wieder mal in die Vergangenheit abgetaucht und verdammt froh im hier und jetzt zu leben

Danke liebe Miss Marple, jetzt gehts wieder beschwingt ans Silieren

Es sind zeitlich wirklich beide als Väter in Frage gekommen??

Und steht das mit der ewigen Verdammnis des ungetauften Kindes genauso in den Akten? Die (theologische) Vorstellung war seit dem Mittelalter ja, dass die ungetauften Kinder in den "Limbus puerorum" kämen, eine Art unterschiedlich bewerteter Zwischenzustand. Man hat sie von der ewigen Seligkeit ausgeschlossen, aber gerade nicht der ewigen Verdammnis unterworfen betrachtet. (Unter Papst Benedikt XVI. ist übrigens festgestellt worden, dass auch diese Vorstellung nie Teil der verpflichtenden Lehre gewesen sei.)

Robert (der ganz altmodisch nur "heigt" und deshalb noch ganz unbeschwert ist ...)

jojo gheigt haben wir auch, aber vorm Stall gehen brauchte es noch einen keinen Schwung ...