Hallo zusammen,

mich würde interessieren wie ihr Ungenauigkeiten insbesondere bei Altersangaben handhabt - ich habe mir dazu bis jetzt folgende Gedanken gemacht:

* Inkonsistente Anwendung von "im X.ten Lebensjahr" und "Y Jahre alt" - +- 1 Jahr
* Beachung / Nicht-Beachtung der Monate (z.B. geboren im Mai-gestorben im März macht einen Unterschied zu geboren im März-gestorben im Mai, kommt also darauf an ob der Eintragende genau war oder nur flüchtig auf die Jahreszahlen geschaut hat) - +- 1 Jahr

-> +-2 Jahre sehe ich aufgrund dieser beiden Effekte als normal an und akzeptiere solche Übereinstimmungen mit hoher Wahrscheinlichkeit

* Tendenziell sind jüngere Einträge genauer, ab einer gewissen Epoche wird es fragwürdig wie gut die Leute ihr Alter überhaupt wussten (vor allem Ältere) bzw. wie genau sie es damit nahmen - immerhin befindet man sich oft in Zeiten wo viele kaum Lesen/Schreiben konnten.
* Eigenangabe / vom Priester übernommen - ähnlich zum vorherigen Punkt kann man sich oft überlegen ob ein Eintrag vom eintragenden Priester überprüft werden konnte (z.B. Geburt + Hochzeit/Tod in derselben Pfarre) oder wahrscheinlich eine Eigenangabe ist (z.B. bei Zugezogenen in älteren Zeiten)

-> Noch etwas mehr Spielraum bei alten Einträgen, vor allem wenn sie höchstwahrscheinlich auf Eigenangaben beruhen



Konkret beschäftige ich mich gerade mit dem Thema weil ich ein paar Einträge habe die an meine selbst auferlegten "Genauigkeitsgrenzen" stoßen:

* Hier wird am 16. September 1780 ein Leopoldus Lainmilner getauft: https://data.matricula-online.eu/de/oest...%252F03/?pg=162
* Dann in einer Nachbargemeinde am 30. August 1819 Hochzeit von Leopold Lainmühlner: https://data.matricula-online.eu/de/oest...1%252F05/?pg=26

-> lt. Hochzeit 33 Jahre, falls es der Leopoldus ist wäre er zu diesem Zeitpunkt aber in Wirklichkeit 38 Jahre alt

Und noch etwas kurioses auch zu Leinmüller:

* 13. November 1776, Tod Laurentius Leinmillner 101 Jahre: https://data.matricula-online.eu/de/oest...1%252F03/?pg=68

-> Wirkt grundsätzlich sehr hoch für diese Zeit, suche leider noch den Taufbucheintrag (wahrscheinlich angrenzende Ortschaft)

Mein (und Christians) 102jähriger Vorfahre ist vermutlich "nur" 90 Jahre alt geworden.
Mit bis zu 10 Jahren Abweichung solltest du immer rechnen.
Aber es ist auch nicht unmöglich, dass jemand 100 Jahre oder mehr geworden ist.

Der bislang erste anerkannt über 110 Jahre alt gewordene Mensch ist immerhin Geert Boomgaard, der 1788-1899 gelebt hat.

Robert.

Danke für die Links, auch deine persönlichen Anmerkungen dort sind sehr aufschlussreich.

Im Prinzip stimmst du also überein dass ältere Einträge stärker zu hinterfragen sind? (ich habe mit meiner Auflistung mein eigenes System darstellen + Anmerkungen einholen wollen, und keinesfalls eine Diskussion a`la "wer hat den ältesten Ahn" starten wollen)

Wie du schreibst, haben der Geburtstag und das genaue Alter keine Bedeutung für die Leute gehabt. Wo kein Geburtsdatum dabei steht, wie es im 19. Jhdt dann manchmal der Fall ist, sind 5 Jahre auf oder ab ganz normal, bis zu 10 Jahren nichts Außergewöhnliches und darüber hinaus auch noch möglich.
Manche Angaben sind genauer, andere weniger, manche vielleicht auch zufällig zutreffend. Oft wird ja mit "bey" oder "circiter" auch ausdrücklich angemerkt, dass es sich um eine Schätzung handelt.

Robert.

Hallo RaphM,

wie Robert schreibt war das Alter beziehungsweise das Geburtsdatum in der früheren Zeit sehr relativ. Andererseits war der Geburtstag auch kein mit der Familie gefeierter Tag wie heute, am Namenstag wurde eher gratuliert aber natürlich ebensowenig wie es heute zum Geburtstag gemacht wird, gefeiert. Ich habe zum Beispiel einen Ahnen der war fast 20 Jahre älter als bei der Heirat und beim Tod angegeben. Aus mehreren Gründen war es für mich schwer den richtigen Ahn zu finden, denn er war nicht aus der Pfarre in der er heiratete und zu Beginn hatte ich noch keinen Einblick in die Herrschaftsakten, die mir dann meine irgendwann dazwischen liegende Erkenntnis, dass der im Kirchenbuch getätigte Bleistifteintrag seines Geburtsdatums welches zur Taufe eines Gleichnamigen wies, und rein altersmäßig besser Passenden, falsch ist. Er hätte bei der Trauung, leider war dort nur der ledige Stand aber keine Eltern angegeben, 17 sein sollen, war aber bereits 37. Er starb laut Angabe mit 62 war aber bereits 83. Dies habe ich aber erst mit dem Heiratsbriefs in den Herrschaftsakten in dem die Eltern namentlich angegeben waren, bestätigen können.

Liebe Grüße!

Dominik

Mich beschäftigt auch gerade wieder der Fall der anscheinend recht jugendlich erhaltenen Klara Hennermann, die 1755 mit "36" Jahren gestorben ist ( https://data.matricula-online.eu/de/oest...%252F02/?pg=380 ), aber bereits 1723 das erste Mal geheiratet hat und dazupassend 1702 geboren sein dürfte! Der Schreiber scheint jemand anderen im Sinn gehabt zu haben ...
Der Witwer hat 1758 ein uneheliches Kind gezeugt und 1760 eine Witwe geheiratet, auch bei der Hochzeit des Sohnes 1760 wird sie als "seel." angeführt.

Robert.

Ich gehe davon aus, dass die Leute selbst geschummelt haben. Gerade bei 2. Ehe kann ich mir das gut vorstellen und wenn man keine schriftliche Unterlagen vorlegen kann. Kenne auch jetzt genug Leute, die ihr Alter falsch angeben, nur lässt sich das leichter verifizieren. Jedenfalls sind +/-10 im Rahmen bzw. prüfe ich in den frühen Zeiten, wo Angaben zu Großeltern bei allen Ereignissen fehlen, grundsätzlich den Bereich +/-20 Jahre auf Namensgleichheiten.
lg Dunja

Und bei Frauen gibts die "Maria"-Falle. D.h. jede Maria könnte auch meine Eva, Regina, Anna... sein und falls ich eine Maria habe, dann kann umgekehrt auch jede Eva eine Maria Eva sein. Bei den Männern mache ich den doublecheck auch mit allen Johanns :) (wenn ich vom Index ausgehe, da sind nicht immer beide Namen eingetragen)
lg Dunja