In den "Blättern des Vereins für Landeskunde NÖ (1896) habe ich einen bemerkenswerten Aufsatz des Historikers und Archivars Dr. Gottfried Frieß (1836-1904) gefunden. Leider kann ich nicht verlinken, nachdem der Klavierstimmer heute hier war stimmt zwar das Piano aber mein Dampfrechner ist verstimmt.
Der Text ist sehr lang, ich gebe hier nur Schlagworte zum besten:
daß die Gerichtsdiener, Abdecker und Scharfrichter "unehrlich" waren, wissen wir ja mittlerweile. Gänzlich unbekannt war mir allerdings daß auch lange Zeit die Müller und Leinweber bis ins 17. Jh. (im Landvolk noch länger) als unehrlich galten. Nicht nur weil sie im Ruf standen, dauernd zu betrügen (der Müller mischte Kalk ins Mehl, zweigte vom abgelieferten Getreide immer etwas für sich ab etc, der Leinweber behielt heimlich gesponnene Garne und lieferte nicht die gewünschte Menge an Leinen ab) sondern sie waren auch verpflichtet, den Galgen zu errichten bzw. die Leiter für denselben herzustellen. Der Umgang mit ihnen war offenbar genauso ehrenrührig wie der mit dem Freimann. Mir war/ ist das gänzlich neu. Jetzt wißt Ihrs auch.

Wer Interesse hat an dem wirklich interessanten Artikel möge in den Blättern selbst suchen oder ich schicke auch gerne das word.docx, habs mir archiviert.
Die Sprache ist allerdings alterthümlich.
freundliche Grüsse Miss Marple

Ich glaube, dass das auch gebietsweise verschieden war.
Unter meinen Vorfahren befindet sich eine Leinenweberdynastie in Ried/Innkreis, die waren dort (im 17. Jhdt.) Bürger.
In manchen Gegenden dürften dagegen in frühen Zeiten auch Bader unehrliche Leute gewesen sein, während sie anderswo als "Herren" tituliert worden sind.

Dass es unter den unehrenhaften Leuten sehr ehrenhafte gegeben hat, zeigt ein Sterbeeitrag in Hochburg, den ich HIER schon einmal angeführt habe.

Dass es unter den ehrenwerten viele unehrliche gegeben hat, muss vermutlich nicht belegt werden.

Robert.

Hast gewissermassen recht, hier gings aber weniger um "unehrlich" als "unehrbar" wie ich meine, man sollte es tunlichst vermeiden, mit diesen Leuten in zB verwandtschaflichen Kontakt zu treten u.a.
Im Waldviertel gab es ja unzählige Leinweber, das Land wäre ausgestorben, wenn sich diese (Un-) Sitte erhalten hätte.
Hierorts vermischten sich Leinweber wieder nur mit Leinwebern, Paten und Zeugen waren meist ebensolche. Und reich war kein einziger davon, anscheinend alle ehrlich aber eben unehrbar.
Die Bader, sonderlich die Barbierer werden in dem Aufsatz auch als "unehrlich" genannt, allerdings angeblich nicht nur der losen Sitten im Badhaus wegen sondern weil sie auch präsumptive Zauberer und Hexen von der Körperbehaarung befreien mußten um die "Hexenmale" sichtbar zu machen. Das dürfte sich aber im 16/17 Jh weitgehend aufgehört haben.
Soweit mein kurzer Exkurs zum Thema, danke für Deinen Kommentar.
MM

Kennt jemand den Unterschied zwischen unehrlich und unehrbar?

Walter