Sehr geehrter ThomasK, ich lese: Anheut seind auf beschehner Erforderung erschienen Elisabeth Maranitschin Klägerin eines(teils) = dan Jacob Prikowitsch beklagter andern Theils: in Sa- chen ein eingeklagtes Eheversprechen und Deflorierung betr; Und ist über die von beeden Theilen vernohmene Notdurften verglichen und veranlast worden. Daß der Beklagte der Klägerin binnen 8 Tägen siben Ducaten zu Han- den ihres Pfarrers zu Eckertsau bar abführen, und gegen dem der Klägerin an ihn gestelte Forderung gänzlich aufgehoben seyn, auch dem Beklagten nach wegen obig bezahlten 7 Ducaten beygebrachter Quit- tung sich mit einer anderen der ordnung nach ehrlich verkünden, und copulieren zulassen bevorstehen solle.
Gruß Hartmut Passauer
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In aller Kürze: Elisabeth Maranitsch wurde unter der - wohl kausalen - Abgabe eines Eheversprechens durch den Jakob Prikowitsch von selbigem in die Kunst der körperlichen Liebe eingeführt. Da letztgenannter offenbar bei der Erfüllung dieses Versprechens weniger Lust demonstrierte als beim Akt der Defloration, klagte ihn die Elisabeth, wohl auf Eingehung der Ehe. Das Konsistorialgericht entschied mit einem Vergleich dergestalt, dass der Jakob der Elisabeth binnen acht Tagen sieben Dukaten zukommen lassen muss und zwar - und das könnte für Dich interessant sein - im Wege Ihres Pfarrers zu Eckartsau. Im Gegenzug werden damit ihre Forderungen gegen ihn aufgehoben, womit der Weg frei war, unter Vorweisung der Quittung über besagte sieben Dukaten die Ehe mit einer anderen Dame einzugehen.
Mit der kirchlichen Gerichtsbarkeit bei gebrochenen Eheversprechen und unehelichen Geburten beschäftigt sich auch der für unsere Zunft sehr interessante Podcast des Bayrischen Rundfunks: https://www.br.de/mediathek/podcast/alle...-1700-1/1809085
LG Martin, der sich herzlich für den Hinweise auf die bislang auch von ihm noch viel zu wenig beachteten Passauer Konsistorialprotokolle bedankt
Zitat von Waltenchamun im Beitrag #4Ob sich da der Pfarrer ein Vermittlungshonorar oder Sündengeld einbehalten hat?
Mit 7 Gulden musste sie das Kind bis zur Großjährigkeit ernähren. Traurig.
Lieber Walter!
Von einem Kind ist gottlob nicht die Rede, wenn ich mich nicht gänzlich täusche. Vielleicht wollte sie durch die Klage und die erzwungene Zahlung "lediglich" die erlittene Schmach, nunmehr als fornicaria durchs Leben in Eckartsau gehen zu müssen, tilgen lassen. In dem von mir oben verlinkten Podcast ist übrigens davon die Rede, dass die katholische Kirche in derartigen Sache meist auf der Seite der Frauen stand und - zumindest früher - weniger moralisierend auf derartige Akte reagierte als etwa die protestantischen Landeskirchen. Das war mir so nicht bekannt.
Von einem Kind ist zwar nicht die Rede, aber ich weiß nicht, ob die Frau die Defloration zur Rede gebracht hätte, wenn sie nicht schwanger gewesen wäre. Es hätte ja niemand davon gewusst, selbst wenn der Eheversprechenbrecher sich damit gebrüstet haben mag, das wäre ja kein Beweis.
Die leicht hysterische Prüderie ist erst vom Protestantismus über die bürgerliche Gesellschaft in den Katholizismus gelangt. Zuvor war das Bewusstsein stärker, dass es sich bei der Unzucht um eine schwere Sünde unter vielen anderen handelt und dass wir alle Sünder sind. Während von Seiten der Kirche nie ein Unterschied zwischen der sexuellen Verfehlung des Mannes und der Frau gemacht wurde, werden da zum Teil bis heute in der Gesellschaft unterschiedliche moralische Maßstäbe angelegt.
Muss nun schaun, ob ich diese Maranitsch in Eckartsau finde, und ob sich eine Verbindung zu meinen Verwandten aus Maria Ellend (interessanterweise liegen die beiden Orte quasi vis a vis und sind nur durch die Donau getrennt) herstellen lässt. Beim ersten Blick auf den Index aus Eckartsau habe ich leider noch nichts gefunden...
Forum Ahnenforschung Österreich
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24.01.2022 15:37
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