Vielleicht kann mir jemand beim Verständnis eines Punkts des Testaments von Hans und Eva Vösel aus dem Jahr 1684 helfen.

Die beiden errichten ein gemeinsames Testament, weil sie keine Kinder haben und auch keine mehr erhoffen. In den ersten beiden Punkten geht es darum, wieviel der überlebende Teil jeweils den Verwandten des Verstorbenen auszuzahlen hat.
In Punkt 3 heißt es dann:
"Wan es sich nach meines Evae Vöslin ze[itlichen Hin]tridt begäben, was von dem obigen 4 Praunseisischen Erben fallen solle, wollzumerckhen[?] den solches Anthaill oder wenig auf meinen lieben Vättern H[...] Walcher anizo Unterhamerverwalter [zu] Rämbing, aigens zuestentig sein, und so[lcher?] den anderen mehrers nichts hinaus die[...] breuchigen Rechten austragen thun."

Ich muss nicht wissen, was das genau heißen soll, aber ich bin irritiert, weil von "obigen 4 Praunseisischen Erben" die Rede ist, ich aber nichts von ihnen im Testament finde!

Die Praunseis waren Schmiede, Hammerherren etc. v.a. im niederösterreichisch-steirischen Grenzgebiet, was zum Vetter Walcher passt.
1629 heiratet in Waidhofen/Y. tatsächlich ein Hans Vässl, Gastgeb auf der Zell, die "Sara, des Augustin Braunseisens, Hamerschmidts alhie see. Barbara seiner Hausfr. eheliche Tochter".
Eine Ehe mit einer Eva (Braunseis) habe ich nicht gefunden.

Interessanterweise war Hans Vösl im Gegensatz zu seiner Frau, die im Original anscheinend selbst unterschrieben hat, "des Schreibens unerfahren", was mich bei einem Wirt seiner Zeit ein wenig wundert, jedenfalls hat er nur sein Sigel "aufgedruckhet".

Das Testament ist "in der Laus[sa]" aufgenommen. Da die Zeugen größtenteils aus St. Gallen kommen, wird Ober/Unterlaussa gemeint sein, das zu dieser Pfarre (auch in seinen oberösterreichischen Anteilen) gehört (hat? - jedenfalls ist in Weyer auch nichts Passendes zu finden). Leider beginnen die Matriken dort erst 1712. (Das Testament ist im Amt (Groß)raming eingeordnet, wohl wegen des Hrn. Walcher. In Losenstein, wohin das nahe Laussa gehört, gibt es auch keine passenden Einträge.)

Robert.

Nachdem mir solche komplizierten Stories sympathisch sind, habe ich mal die ganze Gegend abgesucht und auch eine nicht passende Eva Braunseis, die wiederum jemand völlig anders geehelicht hat gefunden, also erfolglos.
Hochzeit und Testament jedoch liegen aus meiner Sicht etwa 60 Jahre (!) auseinander, Hanns und Eva dürften also in ihren späten 80ern diesen letzten Willen verfaßt haben und wurden somit um 1600 als möglicherweise Protestanten geboren. Zumindest die Sara/Eva.
Das einzige, was mir dazu einfällt ist Reformation/ Gegenreformation, welche gerade im Gebiet um Waidhofen und Steyr in diesen Zeiten wert ist näher betrachtet zu werden. Eventuell wurde aus der ursprünglich lutheranischen "Sara" im Laufe der Rekatholisierung eine "Eva" - so schon häufiger gesehen im Bereich der ketzerischen Wachau.
Sorry, habe mir Mühe gegeben und war in jedem Protokoll drin! Wirklich!
Gruss MM

Vielen Dank schon einmal für die Bemühungen, die Taufe der höchst verdächtigen Sara ist in Waidhofen zu finden (1603), ebenso die der ebenfalls verdächtigen Maria, des Jakob und der brav katholischen Katharina, Apollonia und Elisabeth. Von den eher neutralen Töchtern Regina und Sibilla habe ich nur Trauungseinträge in meinen Unterlagen verzeichnet. Da Waidhofen bereits Ende der 1580er-Jahre radikal "rekatholisiert" wurde, war zumindest die Taufe katholisch, ob es die Familie auch war, muss offen bleiben.

Mir ist beim Schreiben die Hypothese dass der Hans der gleiche sein könnte, ein wenig entglitten und ich habe den testierenden als Gastwirt bezeichnet, das wissen war aber gar nicht ... Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass er ein Sohn des Zeller Wirts und der Sara war. Zu dieser Generation gäbe es in St. Gallen sogar einen "passenden" Sterbeeintrag im Dezember 1738: Johann Fösl, Witwer stirbt mit 95 Jahren.

Ich habe einmal eine "Seniorenehe" zweier Verwitweter aus gutbetuchten Familien gefunden, das Interessante dabei war, dass finanzell für den Mann nichts rausgeschaut hat, auch hier gibt es ein deutliches Ungleichgewicht. Zuerst habe ich gedacht, das Verhältnis der auszuzahlenden Beträge wird dem eingebrachten Vermögen entsprechen, dann ist mir aber der erwähnte Fall in den Sinn gekommen. Vielleicht hat ähnlich hier der (verwitwete) Hans Vösel eine Witwe aus der Familie seiner Mutter (oder ersten Frau) geheiratet.

Robert.

Die neue Hypothese werd ich gleich wieder einstampfen. Der St. Gallen Verstorbene wäre bei der Testamentserstellung erst in den 40ern gewesen ...
In Waidhofen werden dem Hans und der Sara nur 1630 eine Sophie und 1633 eine Maria getauft, das Sterbebuch beginnt erst 1648.

Robert.

Zitat von RobertD im Beitrag #3

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Ich habe einmal eine "Seniorenehe" zweier Verwitweter aus gutbetuchten Familien gefunden, das Interessante dabei war, dass finanzell für den Mann nichts rausgeschaut hat

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Ich habe viele derartiger Fälle und ärgere mich jedesmal, wie idiotisch (aus heutiger Sicht) diese Verträge abgefasst wurden.
Dein Testament verstehe ich so:

Die nächsten Verwandten der Eva sind die 4 Praunseis (das müssen nicht unbedingt die Neffen oder Cousins sein, die Praunseis können bis in die 6. Generation zurück irgendwie verwandt sein).
Die wären aus Sicht der Testamentarier die einzigen rechtlichen noch lebenden Erben ("je nächant zum Pluett, je nechant zum Guett", wie bei mir einmal einer geschrieben hat)
Zuuusätzlich will die Eva auch noch dem Vettern (der vielleicht nicht blutsverwandt, sondern "nur" angeheiratet ist, oder aus einer weniger oder gar nicht erbberechtigten Linie ist, auch was vermachen.
Sie vermacht ja auch weiteren Vereinen usw. auch noch etwas.

Zur Klärung der Verwandtschaftsverhältnisse wünsche ich viel Erfolg!

Walter

Zum besseren Verständnis, hier ein paar Möglichkeiten, wie die Eva mit den Praunsen verwandt sein könnte:

1. Eva, eine geborene Praun, die 4 Prauns Nachkommen ihrer Brüder
2. Evas Kinder aus einer vorigen Ehe mit einem Praun (eher unwahrscheinlich, da das vermutlich anders geschrieben worden wäre)
3. Evas Mutter eine geborene Praun: Nachkommen ihrer Onkel
4. Evas Großmutter (väter o. mütterl.) eine geborene Praun ...
5. Die erste Frau ihres Vaters eine geborene Praun
6. Der erste Mann ihrer Mutter ein Praun
7. der 2. Mann ihrer Großmutter ein Praun
8. der 2. Mann ihrer Tante ein Praun
9.
...
200. ...

Walter

Es könnte auch sein, dass nicht die Prauns von ihr, sondern die Eva von den Prauns erben würde. Wenn sie bereits verstorben wäre, würde dann das Erbe an ihren Vetter gehen.

Walter

Danke für die Ideen. In dieser Zeit wird es mit den Quellen ja immer dünner.
Die Verwandtschaft herauszufinden ist deshalb sicher schwierig, obwohl ich mir alle Praunseisen notiere, die mir in zahlreichen Orten über den Weg laufen Viellleicht stoße ich einmal auf eine Hochzeit Johann Vösl-Eva xy. Ich habe das Testament auf der Suche nach ganz anderem gefunden und bin wegen der Praunseisen hängengeblieben, die zu meiner Familie gehören werden.

Dass die Erbteile (oder wie du vermutest, das Erbe) der 4 Praunseisen im Falle deren Todes an den Unterhammerverwalter Wachter fallen sollen, habe ich auch in Betracht gezogen. (Der hat übrigens zumindest nach 1695 in Großraming keine Kinder taufen lassen ...)
Was mich immer noch irritiert ist die Formulierung von den "obigen" Praunseisen, vielleicht gibt es noch andere Dokumente, auf die hier Bezug genommen wird. Die wären dann aber wohl eher in St. Gallen zu finden, weiß noch nicht, wo man da suchen müsste.

Pascal hat im von mir verlinkten Thema Erklärungsversuche zu den "idiotischen" Vereinbarungen gemacht. Irgend einen Grund und Zweck werden sie wohl haben, auch wenn er sich uns verbirgt.

Robert.

Mit den "obigen Prauns" sind mit Sicherheit die in Pt. 2 erwähnten (nicht namentlich genannten) Erben gemeint. Hätte die Eva nicht den Pt. 3 festhalten wollen, wären die Prauns überhaupt nicht mehr aktenkundig geworden und du müsstest dir darüber nicht mehr den Kopf zerbrechen.
Ich vermute, dass das Testament (wie wahrscheinlich die meisten Schreiben) einem Schreiber diktiert worden sind, vorher sicher alles Mögliche gesprochen wurde, und den Beteiligten die gewählte schriftliche Formulierung als ausreichend erschien, weil ja sowieso jeder gewusst hat, wer und was gemeint war.

In diesem Zusammenhang liebe ich auch das Wort Maimbe, das Tante, Cousine, Großtante, Enkelin, ... (eigentlich nur "weibliche Verwandte") bedeuten konnte. Wenn dann das Mümbl Sandl erbt, wer könnte dann gemeint sein?
Auch bei den Wörtern Endl und Ändl, (ist nicht das Gleiche!) bin ich mir nie sicher, wer gemeint ist. Auch habe ich bei einem Vetter schon mal den Onkel vermutet.

Walter

Sind Endl und Ähnl nicht die Großeltern? Mir ist das in letzter Zeit untergekommen, da waren anscheinend noch großelterliche Erbteile nicht ausgezahlt ...

"Und die Bachquell'n und i, mir san Veder und Moam (, treibt's mi wodawö uma, dahoam is dahoam)" heißt es noch in der oö. Landeshymne. Ich glaube zu dem Begriff gibt es irgendwo im Forum schon eine Diskussion. Anscheinend ist da ein früher klar definierter Terminus immer unspezifischer geworden. Ich kenn die "Frau Moam" selber noch als weitschichtige Verwandte.

Robert.

Zitat von RobertD im Beitrag #11

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Sind Endl und Ähnl nicht die Großeltern?

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Komischer Zufall:

gerade jetzt habe ich eine Brauneis entdeckt: fol.37, 2. Eintrag: oo Gregor Gerold

https://data.matricula-online.eu/de/oest...01%252C2/?pg=86

walter

Ja, die gibt es anscheinend überall. Entweder ist der Name im Zusammenhang mit der Schmiedekunst öfters entstanden oder eine Schmiedfamilie aus dem Mittelalter hat sich bis zum 17. Jhdt. zumindest vom Waldviertel bis Salzburg ausgebreitet ...

Ich habe die schon die Taufe einer Ma. Magdalena 1692, Eltern Johann und Barbara in Großgerungs (Streitt?) verzeichnet. Kann ich gleich noch welche in meine Datei eintragen, danke.

Robert.