Liebe Forschergemeinde,
Ich habe einen Ahnen namens Johann Klett, *vor 1513, wohnhaft in Bautzen (D).
Johann Klett ist 2x verheiratet, aus erster Ehe stammen mindestens 3 Söhne, einer davon Zacharias Klett (*vor 1540), mein Urgroßvater in 15. Generation.
Aus 2. Ehe stammt mindestens eine Tochter.
Johann Klett ist seit mind. 1548 Unterzolleinnehmer in Bautzen. 1564 schreibt Erzherzog Ferdinand von Österreich dem Bürgermeister zu Bautzen, dass Johann Klett seines Amtes enthoben wurde und dessen ganzes Geld einzuziehen ist.
Zu diesem Zeitpunkt müsste Hans Klett schon zum 2. Mal verheiratet sein und die Kinder aus erster Ehe nach Bamberg übersiedelt sein.
Wie er ab diesem Zeitpunkt seinen Lebensunterhalt verdiente, ist unbekannt, jedoch ist er weiter Bautzener Bürger.

Und jetzt kommts:
1569, Hans Klett (er müsste nun mindestens 56 Jahre alt sein), nimmt seine Magd, seinen Knecht, seinen Wagen und 3 Pferde und fährt in die ca. 70! km entfernte Stadt Senftenberg (D).
Dort wohnt die Jungfrau Anna Fuchs, deren Vater erst vor kurzem verstorben ist. Die 3 suchen Kontakt zur besagten Jungfrau. Diese ist zuerst sehr misstrauisch und will die Tür nicht öffnen. Doch mit allerlei Hinterlistigkeiten, vor allem auch der Magd, gelingt es dem Trio, die Jungfrau vor die Tür zu locken. Sobald sie die Tür geöffnet hatte, schnappt sie der Knecht und befördert sie auf den Wagen, und ab geht die Fahrt wieder die 70 km zurück nach Bautzen. Sehr verwunderlich, dass niemand dabei eingeschritten ist, ist doch Johann Klett und das Ziel der Entführung in Senftenberg bekannt.
Denn, schon am Tag darauf, den 24. Mai 1569 teilt ein erzürnter Rat von Senftenberg dem Bürgermeister und Rat zu Bautzen den "Einfall und Frevel" ihres Bürgers Hans Klett mit und fordert auf, Hans Klett zu bestrafen und die Jungfrau zu retourniern.

https://www.monasterium.net/mom/DE-AVBau...20hans%20klette


Am 23.6.1569 fordert der Kurfürst August von Sachsen die Stadt Bautzen nochmals auf, die Jungfrau zurückzubringen, von Johann Klett schreibt er nichts mehr.
Da Johann Klett in diesem Jahr gestorben ist (siehe unten), gehe ich davon aus, dass dies im Juni 1569 geschehen ist. Und für mich erscheint eine Hinrichtung wegen dieses "Frevels" am wahrscheinlichsten.
Das Sterbedatum des Hans Klett geht aus einem weiteren Schreiben vom 4. Sep. 1571 seines Sohnes Zacharias (bereits Hofapotheker in Bamberg) an den Rat in Bautzen hervor, in dem er sich beschwert, dass ihm und seinen Geschwistern von ihrer Stiefschwester das Erbteil seines vor 2 Jahren verstorbenen Vaters noch immer vorenthalten wird.

Liebe Forschergemeinde, kennt jemand einen ähnliches Fall, oder was ist in den Hirnen meiner Ahnen so vorgegangen? Das ist so ziemlich die skurillste Story, die ich bis dato entdeckt habe. Leider sind bislang keine weiteren Details aufgetaucht, habe aber vor, die Archive in Bautzen bzw. Senftenberg zu kontaktieren.

Walter

ps. die dokumente habe ich alle aus monasterium

Aufregende Geschichte, fürwahr!
Danke fürs Zeigen, richtig schlau werde ich auch nicht daraus, am ehesten scheint hier Geld eine Rolle gespielt zu haben. Muß mich darein vertiefen.
freundlichst Miss Marple

Ich weiß nicht, ob vor dem gleichzeitigen Konzil von Trient die Entführung der Braut auch schon ein Ehehindernis war, dann wäre Mitgift als Motiv ausgeschlossen. Wie alt die Jungfrau war, weißt du nicht? Vielleicht ist es um eine Vormundschaft gegangen?

Robert.

Leider habe ich keine weiteren Informationen (ich bin froh, überhaupt so weit gekommen zu sein)

Ich glaube auch nicht, weitere Infos dazu zu bekommen, in besagtem Jahrhundert ja ist die Aktenlage nicht mehr sehr üppig. Mich hätte interessiert, ob jemand so etwas schon untergekommen ist.
Ich habe jedoch noch nie von so einem Fall gehört, wenn man von den ersten Römern absieht. Aber deren Motivation ist es hier mit Sicherheit nicht gewesen

An Geld hätte ich auch gedacht, da die Entführung ja irgendwie offiziell war. Aber war eine Entführung (sozusagen als Pfand) üblich, um Geld einzutreiben?

Walter

Könnte sich das irgendwie im Spannungsfeld der Reformation abgespielt haben? Bautzen war doch eine Zentrale der Lutherischen, Bamberg eher ein schwieriges Pflaster? Über Senftenberg müsste man nachlesen, war aber damals sächsisch?

Und Hexenverbrennungen gabs ja auch noch? Aber das hätte man niedergeschrieben, denke ich.

Zitat von jacky65 im Beitrag #5

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Könnte sich das irgendwie im Spannungsfeld der Reformation abgespielt haben?

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Zitat von jacky65 im Beitrag #5

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Über Senftenberg müsste man nachlesen, war aber damals sächsisch?

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Hast du eine Transkription des Textes?
Robert.

Ja, aber mangelhaft und nicht vollständig:


(Betrifft) Karl Zu Senfftenberg wegen Hansen Kletts Eynfahls und frevels …
(Zeile5) Nachdem und als ihnn? Unstetn? abweisen Ewer mitburger Hanns Kletth eine Junkfraw mit Namen Maria auch sonsten eine Magt Zusampt Zwehenn (2) seinen Shenken? unnd einen Wagen mit iii Pferdenn und einem Knecht wir wier ahnn Unser Heimkonfft glaubwirdigk seindt? bericht wordten ahm Negst verschinenen montagk nach Exaudi? welcher do gewesenn ist der 23 tagk May anher abgeferttigett Welche sich allesamptt ihm Dorff Buchwaldt zu next ahnn der Stadtt-wallen (Stadtmauer?) Gelegten ufgehalten und die Dirne so sie mit gehabt Zu Thomas Fuchstens seligten nechter? Jungkfraw Annam geschickt und dieselbe mit allerley Hinderlistigen geschmuckten gutt wartten die Wir wie sie dieselben ge?lg? wollen gemeindt haben Zu sich Herauss locken und uberreden lassen das sie mit und neben ihr ist heraus gangen wie sie aber heraus kommen haben sie hand/hard Zu wercks gelegt und das Weiblin? (wie mhren? dovon Redt) mit freiwell (Frevel?) und gewalt salbwaldigk Zwischen 8 und 9 uhr (Seite 2) vor mittagk dazu der Wagenknecht soll auch wirklich geholfen haben aufgeladen und anizo diesen Churfurstentum Sachsen vonn hinnen nach Budessen (Bautzen) sollen gef?rt haben Welches wir dan nicht gerne gehort sondern mit grossem mitleiden erfaren haben Uns mich? nicht wenigk daruber vorwundertt wie sie also vorgeslich gewesen das sie unserem gnedigsten Herrn S.E.f.g. ihnn sampt habenden Herligkeit und gerichtenn einen solchen muttwillign frevenlichenn gewaltt-samenn eingrieff also Unvorwartt ihrer ehrenn haben thun thurren Gleichsam als wüsten sie h? Inne nicht andre mittll Zugebrauchen …
Dweill uns aber unser gnedigster Chur unnd LandißFürste der Entfuertten Junkfrawen Zum? Freunnden erkoren Confimirtt und bestettigett hatt So gelangktt ohne E. E. w unser gantz freuntlichs bittenn E E w wollen gemelten Hanns Kletten nicht allein darumb ihm gebürliche Straffe nhemenn sondern ihnen mit Ernist dahinn halten das ehr uns die entfrembte Jungkfraw Anna angesichts briefes welle umb einstelle unnd und(uns) Uberanttwortte Ihm fhall es nicht geschehe haben E. E. w. als die vorstendigen zutrachten was hierauff letzlichen erfolgen welle Denn der Eingrieff albereith durch?nst? darinne? Er geschehenn Unseren gnedigsten Herrn die selbe stunde? Ist beim? Ellende? Post ist Zuerkennen gegebenn worden derhalben Zweiffellnn wir ghor nichts E E w werden gemelten Kletten solche begünstunge nicht billichenn noch gutt sein lassen sondern auch gegen Ihme aller Gebüer Zur Zeigen wissen und ihnenn dahin weisen Das ehr sie ganz ohne alle mittell verZugk und Weygerung widrumb einanttwortte und do ehr aber Jemandts sie ettwas Zubesprechen der thue es vor? Unser ordentlichen Obrickkeit mit Rechte? Den? Soll sie alda fusß haltenn Rede und anttwortt geben Vorsehenn Uns auch gesezlich E. E. w. werden sich dermassen wie ihr vonn uns denn Eweren? Dis-fhals wellen gethan haben auff dis unser gleich und Rechtmessig… erbetten gegen u??? ertigten? Das sind wir widrumb E. E. w. vermögens ihnn grossenn Zwar? Dinenn Welligk Dat Senfftenbergk denn 24 May diez Lxix betreffenden Jhars. Der Rath daselbist

oder meinst du den folgenden Brief des Kurfürsten. Den hab ich noch nicht übersetzt.

Dok 2901

https://www.monasterium.net/mom/DE-AVBau...0thomas%20fuchs


walter

Hab schon den ersten Brief gemeint. Diese Kanzleisprache ist (neben der Schrift) ein Horror. Ich frage mich, ob die Empfänger immer verstanden haben, was die Schreiber gemeint haben ....

Ich kann nur zur Transkription gratulieren, nicht wirklich etwas beitragen, wie ich gehofft hätte, inhaltlich leider auch nicht.

Robert.

Exaudi ist übrigens der 6. Sonntag nach Ostern.

Robert.