Der 23.02.1714 war für Leobersdorf wohl eine Katastrophe:

Den 23 Febrs 1714: ist in der frühe zwischen -4-
und 5 uhr beij dem Andro Pezer allhier eine er=
schrökhliche Feuersbrunst entstanden, durch
welche in 4 Stunden mit Pfarrhoff und Schoul
73 Hauß völlig in die Aschen gelegt, und voll=
gende Persohnen thails ver... ver=
brennen, und thails ersticket welche alle in
dem freijdhoff allhier begraben worden. Alß
Maria Seizni : 28 iahr alt, des Jacob Seizen gewe=
ste ehewirthin, Rosina 13 iahr, Marianna 11 iahr
Anna Maria 9, Christina 7 und Matthäus 2 iahr
alt, alle eheliche Kind, dan auch die Dienstmagdt
Christina Tanzerin von groppau, 16 iahr alt
Item Christoph Puel(?), dessen alter 21 iahr
Joseph Puel(?), 18 iahr und Sabine Puelin, 16 iahr


http://www.data.matricula.info/php/view....ceae1e0e4e3e1e0

Fortsetzung:

des Christoph Puel(?) Bads(?) und Marckhtrichters alhier ehe=
liche Kinder, dan auch dessen ihnman Jacob Polritz seines
alters 40 iahr. Jacob Pauer, seines alters 18 iahr des
Görg Paurn ehelich gewester Sohn. Ingleichen Maister
Jacob Stindl gewesten bürgers: hufschmit seines alters
beij 90 iahr und dessen ehefrau Rosina ihres alters beij
50 iahr, wie auch ein ziechkind Christoph 7 iahr alt
nebst der dienstMagdt Ursula 46 iahr alt. Eben=
mäsßig Christina Weixlbaumin geweste mitbür=
gerin alhier ihres alters 56 iahr. Und dan Eleonora
Herstlin ihres alters 47 iahren.

http://www.data.matricula.info/php/view....ceae1e0e4e3e1e0

Eine Woche später wurde noch ein Opfer einer Rauchvergiftung beigesetzt.

armer Kerl

Franciscus H. Lediger Pöckhen Sohn alhier Provisus, conlihen, nachdem er einen brenendten Schwefel in ein glas Prandwein gelassen und selbes umb ein gueth und helle Stimb zubekhommen ausgetrunckhen, kurz darauf am leib 2 Löcher ausgefahlen, und dardurch aller Urin und excrementa geflossen, und yber 2 Jahr lang gedauert hat, auch elendiglich von seinen engsten freunden verlassen auf dem Pöckhen =girtl zu L. seinen Geist aufgegeben, 40 Jahr alt

edit: +16.2.1761

Diesmal aus einem Taufbuch, Tourismus in der Mitte des 17. Jahrhunderts:

http://www.data.matricula.info/php/view....9e6e3e3e6eceae0

Feldkirchen bei Mattighofen, Tb 1/153, 1649:

"den 3 Septembris hat der edlvest Herr Christophorus Neudacher, der Churfrtl. .... in Bayrn ... Pfleg. und Haubtmanschaft Ambtsverwalter zu Braunau, damals gsunden Luffts halber sich alhie aufhaltent ex sacro fonte baptizatam suscepit filium legitimum nomine Andre Adam. Parentum Adami Rieders seel. gewesten Würths alhie Christinae Mariae seiner nachgelassnen Hausfrauen."

Nachdem ich zuerst schlampig gelesen habe und die Mutter für die Patin gehalten habe und dann schon geglaubt habe, sie hat das Kind vom edlvesten Herrn geboren, versteh ich es jetzt hoffentlich richtig, dass dieser der Pate des posthum geborenen Sohnes war ...

Und wenn der Eintrag nicht so ins Auge springen würde, hätte ich wahrscheinlich die Geburt meines Ahns übersehen bei dieser Formulierung!

RobertD.

Wie sich herausstellt, dürfte die "gesunde Luft", die der Herr Neudacher gesucht hat, eine pestfreie gewesen sein, denn 1649/50 ist die Pest im Innviertel aufgetreten. Adam Rieder, der Vater des Täuflings scheint gerade in jenen Monaten (ab Juli 1649) gestorben zu sein, in denen es der Seuche wegen keine Aufzeichnung der Sterbefälle gibt.

RobertD.

Die Pest von Ende 1648-1650 raffte ein Drittel der Bevölkerung aus dieser Gegend weg. Zusammen mit dem 30jährigen Krieg und der folgenden Hungersnot und die Soldaten, die noch in der Gegend weilten, hatte die Bevölkerung einiges durchzustehen ....

ich denke, die Leute von damals würden über unsere Probleme frohlocken ...

So eine Epidemie müsste sich doch auch in den Ahnentafeln niederschlagen. Ist Ahnenschwund bei Euch ein häufig dokumentiertes Phänomen?

Nur 1/16 der Ahnen meiner Kinder stammen überhaupt aus Österreich, aber bisher habe ich in diesem 16tel noch keinen einzigen Hinweis, daß wir einen - oder mehrere - solcher Fälle aufnehmen müssten.

In der Innviertler Verwandtschaft habe ich bisher einen einzigen Fall, wo 170 Jahren nach der Eheschließung (1638-1808) der gemeinsamen Vorfahren 2 Ur-Ur-Urenkel geheiratet haben.
Auch sonst kommt kaum Ahnenschwund bei mir vor (wenn man von den Adoptiveltern meiner Urgroßmutter absieht, die Cousin u. Cousine waren...), aber meine Vorfahren stammen auch aus recht unterschiedlichen Gegenden.

RobertD.

Eine Bemerkung zum Vater eines Täuflings in Geretsberg 1673:
"... Blasij Stainbichlers, Schusters, und der Pfahr Geretsperg Uhrmachers ..."
und am Rand ergänzt: "NB: Hic Blasius sutor proprio marte horologium templi SS. Petri et Pauli zu Geretsperg construxit, aduvante fabro in Schächtlsberg."
(Dieser Schuster Blasius hat aus eigenem Antrieb(?) die (Sonnen?)Uhr der Kirche St. Peter u. Paul zu Geretsberg konstruiert, unterstützt vom Schmied in Schächtlsberg.)

http://www.data.matricula.info/php/view....9e6eee4e6e3eaec

RobertD.

Hier ein Brief des Peter Lachmann an den Mesner in der Pfarre Tröpolach (Original-Text):

An den Mössner zu Dröbelach
Liebster Vötter Johann Lachmann, Auf das Schönste Gegrist und von Mihr unterzeichneten gebeten
wönn ihr Von eiern Herrn Pfarrer das Taufzeiknes
heraus nöme möchte und herunter bringen mit önk Vir mich Better Lachmann
Hutter in der Einöd.

Gefunden im Diözesanarchiv Gurk/Klagenfurt, PA Tröpolach, Sig. 12.

Aus welcher Zeit stammt der Brief?

Ich weiß nicht, ob es da nur eine oder ganz wenige Standardversionen gegeben hat, ich möchte hier den Beginn des Sterbebuchs 2 von Ostermiething (1704-86) wiedergeben:

"Liber In Quo Continentur Nomina Eorum Qui In Parochia Ostermietingana Ex Vita ab anno 1704 discessere:
Quibus Domine Requiem dona AEternam, Ut Scripta Sint Quoque Nomina Eorum In Libro Vitae,
Et Lux Perpetua Luceat Eis."

(Das Buch, in dem die Namen jener festgehalten sind, die in der Pfarre Ostermiething vom Jahr 1704 an aus dem Leben geschieden sind:
Ihnen schenke der Herr die ewig Ruhe, und ihre Namen seien eingeschrieben in das Buch des Lebens,
und das ewige Licht leuchte ihnen.)

Und der zweite Teil, in dem die Kinder eingetragen sind, beginnt:

"Liber In Quo Signata Nomina Eorum, Qui sunt Empti Ex Hominibus Primitiae Deo, Et Agno:
In Quorum ore Non Inventum Mendacium, Nec Cum Mulieribus Sunt Coinquinati: Virgines Enim Sunt Sine Macula Ante Thronum Dei Sequentes Agnum Quocunque iverit(?), Postqua(m) In Florae AEtatis Suae Decerpti
In Parochia Ostermietingana
Ab Anno 1704."

(Das Buch, in dem die Namen jener verzeichnet sind, die als Erstlingsopfer aus den Menschen erkauft sind für Gott und das Lamm:
In deren Mund keine Lüge gefunden wurde, die sich nicht mit Frauen verunreinigt haben: jungfräulich sind sie ohne Fehler vor dem Thron Gottes folgen sie dem Lamm, wohin es auch geht, nachdem sie in der Blüte ihre Lebens gepflückt wurden
in der Pfarre Ostermiething
vom Jahre 1704 an.) (nach Offenbarung 14,4f.)

Auch das erinnert uns daran, dass wir mit Menschen, Schicksalen, Zeitumständen, ... zu tun haben, nicht nur mit Namen, Daten, (schwer entzifferbaren) Schriften, etc.

RobertD.

Der Brief war ohne Datumsangabe und lag zwischen den Seiten.

Gruß
Hartmut Passauer

Ein Frauenschicksal, in dürren Worten im Pöggstaller Totenbuch zusammengefasst:

September 1658 Maria Magdalena Kernstockin, Eheweib des Philipp, 40 Jahr alt, ist in Kindsnöten verstorben, zuvor beicht und communicirt. Ist geschnitten worden, ist schon das achte Kind das sie nit hat lebendig auf die Welt hat geberen kinnen.

Gruss MM

Aus dem Gföhler Sterbebuch:
Hinrichtung drei „Zigeuner“ – Bild 506 (Stbb 1695-1748)
+11. Juli 1712 seint alhier 3 Züggeiner Persohnen namens Franz Fränzl, Magdalena Strassbergerin und Rosina ein lediges Mensch, durchs Schwerdt hingerichtet und in Gottsacker begraben worden
Anmerkung: diese drei Mitglieder einer 30 Leute umfassenden „Zigeuner“-Gruppe, nämlich der einäugige Franz Fränzl, dessen 60-jährige Mutter Maria Magdalena Strassbergerin sowie die 17-jährige Rosina, Mutter eines Säuglings, wegen „unerlaubten Betretens der Erblande“ in Gföhl am 11. Juli 1712 enthauptet worden.

In "das Waldviertel" Heft 1/3 Jahrgang 1982 Jahrgang 31 soll ein Aufsatz darüber publiziert sein "das Zigeunermädchen Rosina" von Paul Ney.
Das Heft ist mir leider nicht zugänglich, vielleicht hat es ja ein Mitleser und kann Näheres darüber mitteilen.
regards Miss Marple