Leider hab ich noch keinen anderen Hinweis auf den Hw. und hochgelehrten Hrn. Vikar gefunden. Besonders würde mich auch interessieren, wie da eine Legitimierung vonstatten gegangen ist. Vermutlich war es eine offizielle Anerkennung nehme ich an. Ich weiß nicht, ob es für diese Zeit auswertbare Konsistorialakten gibt, da könnte sich auch etwas finden.
Bei Amandus Wurm handelt es sich vermutlich um einen mehr oder weniger nahen Verwandten meiner Wurm-Lederer, aber keinen direkten Vorfahren.

Robert.

Ganz so ungewöhnlich wie es uns scheint war es zu dieser Zeit und in dieser Gegend wohl nicht, dass geistliche Herren als Väter auch eingetragen worden sind. Beim Versuch, die Geburt der Maria Mölsl zu finden, ist mir in Aurolzmünster, wo ihr Vater 1624-32 Pfarrer war, am 21. Juni 1623 der nächste Fall untergekommen.

Johann Güchtel, Kooperator in Obernberg und Rosina Lechner haben am 15. Juli 1624 das nächste Kind taufen lassen.

Robert.

Auch eine interessante Verbindung, immer noch Aurolzmünster, am Ertlberg, 23.April 1635:

"Den 23. Aprilis ist ein Khind durch den Ehr- und geistlich Herrn Nikolaum Äfhauser cooperatorem allhier getauft worden, mit Namen Eva, so dem Stephan Schachinger, in Diensten bey seinem Brueder zu obgedachten Ertlperg und Magdalena seiner Hausfrauen zugehört." - Stünde nicht am Rand "spuria", könnte man übersehen, dass Magdalena die Schwägerin des Stefan Schachinger ist .... (vgl. den ersten Eintrag zu diesem Haus auf der vorhergehenden Seite.)

Robert.

Robert.

Zell/Pr., 25. April 1644:
"NB eodem die ist getauft worden Marcus ein Sohn einer ledigen Weibspersohn bei dem Geysperger zu Geysperg aus dem Neumarkht, mir ist für ain Vatter angesagt worden Hanns Oberndorfer, ain lediger Khnecht auß Grießkhirher Pfarr, aber ein anderer alß rehter Vatter ist in dem Neumarkht abgestraft worden."

Robert.

Diesmal kein Kirchenbuch, sondern die letztwillige Anordnung von Josef Walcherberger, Auszügler am Kleinhagauergut (schon zuvor vom Stiefsohn Karl übernommen worden), aufgenommen im Schulhaus von Großraming am 26. Jänner 1826:

"[...]
4tens setze ich als Erben meiner ganzen Verlassenschaft meine noch am Leben befindlichen 6 Stiefkinder [...] ein. [...] aus den Gründen:
a. weil ich mit meinem see. Weibe Anna Maria, gebornen Rohrbäckerin durch volle 15 Jahre eine glückliche und vergnügte Ehe führte.
b. und die mit ihr erheiratheten 6 Stiefkinder [...] mir während ihres zu Hauseseyns stets gehorsam und die Wirthschaft mit ihrer Arbeit führen halfen.
Daher ist mein ausdrücklicher Wille, dass mein hinterlassenes Vermögen einzig und allein diesen obgenannten 6 Stiefkindern als Erbschaft zufallen soll, und sohin selbe meiner nächsten Verwandtschaft nichts hinauszuzahlen schuldig seyen.
[...]"

Die glückliche Ehe ist ihm doch ein wenig länger vorgekommen als sie war, ich finde zwar den Trauungseintrag nicht, aber der vorhergehende Mann Josef Laussermayr ( - den sie als 20jährige Witwe geheiratet hatte) ist am 9.6.1808 gestorben, Maria "Laussermayrin" (so im Sterbebuch ...) am 1.2.1822.

Robert.

Großraming, 10. Dezember 1738 (Stb. 5/8):
"Joannes Derfler, 10 annorum, ab alio puero 14 ann. securi nequiter occisus im Gsöllpointnerhaus, vom Landtgricht ordentlich beschauet worden."

Johann Dörfler, 10 Jahre, von einem anderen Knaben, 14 Jahre mit einer Axt erschlagen" - nequiter kann leichtfertig aber auch sündhaft heißen.

Robert.

Gleiches Buch, S. 7f.:
"Den 18ten Julij hat sich Hanns Pichler oder sogenandter Hänslbauer bey 70 Jahr alt, untern Kupfern Weyrer Pfarr in der Enns ertränkhet, ist den 30. frühe in des Wachtbaurn Grund alhier gefunden worden, habe ihne nachts umb 1 Uhr ohne Glokhenklang etc. in das geweyhte Erdreich, an des Unschuldigen Freythofs Mäuerlein an, mit dem Kopf zur Freythofshauptmaur aus hierbeygefüegten Ursachen begraben lassen."

"Beylaag zu 31. Julij 1738
Aussaag an Aydts Statt
der Maria Pichlerin auf der Mittern Au in Ambt Hürtten, wegen ihres Manns Hannsen Pichlers, welcher sich 18.ten July 738 in der Enns freywillig solle ertränckht haben, seines eine Zeit hero geführten Lebenswandl.
Wie er nemblichen von 6 Jahren hero niemallen bey rechten Verstand gewesen, bevordtrist nächtlicher Weill aller unruhig worden, und die Leuth zuweillen sogar von Haus gesprenget, nachdeme aber diese Unruech in etwas vorbey gangen, hat er den Kopf geclagt und gemelt, es ist ihme in disem gar nicht guet, es plaget ihme der Geist zu starckh, er müsste sich entweder tränckhen oder sonsten ein Leydt anthuen, gleichwie er auch oft den Kopf in solcher Verwihrung an die Wand gestossen, den letzt obbenenten Tag aber ist er umb 5 Uhr Frueh von seinen Haus hinweg gangen, vorgebend er gehe ins Weyr in die Kürchen. Yber dises ersicht ihme ein seiniger Dienstbueb von weiten bey der Enns hin und wieder gehen, er der Dienstbueb aber will sehen, was sein Paur zu thuen willens sey, und gehet ihme zue, jedoch durch ein Gestreuß an der Ennsleuthen, das er nit stäts auf ihn sehen können, wie er aber auf selbiges Ohrt hin zukommen, hat er seinen Baurn nicht mehr angetroffen, als nur allein den Huett, wlecher nebst den Wasser gelegen. Ybrigens sovill iedweder bekannt, ist er alle Sonn- und Feyrtag, auch zu Zeiten in der Wochen in die Kirchen zu den Gottesdienst gangen, auch seine Hausleuth idesmall zum Betten angemahnet. Sovill habe hiemit von Ambts wegen attestieren wollen. Act. Vorsthueb obs Weyr, den 30.ten July 1738
Jacob Andreas Bohr[?]
Verwalt."
"Yber dieses saget bey mir persönlich aus:
Maria Pichlerin dessen hinterlassene Wittib aeta. cir. 60 ann. und Hanns Pichler bayder eheleiblicher Sohn:
Das des Abgelebten Freundtschaft in das 4.te Glid in dem Kopf unrichtig gewesen. ergo plm/slm ex propagatione
2do
habe er bey 6 Jahr hero sein anligen öfters H. Pfarrer in Weyr als ordinaris suo geclaget, auch dennen an die Hand gegebenen remediis gefolget. quis [..,] exubaerantis melancholiae neget.
3tio
So hat auch obgedach hochwürdig Herr Pfarrer in Weyr p. mir selbst, bevor der Cörper gefunden worden, gemeldet, wie er kein Bedenkhen haben wurde, ihne ritu catholico ehrlich zu begraben. Testis [...] exceptione maior, maxime in hoc casu.
Quod noctu sine solennitate sepultus fuerit, in causa est scandalum pusilla imorum, maxime rusticorum, qui nescio quae, damna sibi fingungt in agris p. ita satis egregie suadet A.R.P. Vitus Pichler, d.Z. Titulo de sepulturis haec per informatione."

Der letzte Absatz mit der Begründung wird mir leider auch nicht klar.

Robert.

Interessanter Beitrag Robert!
Ich will mich dran versuchen: der das nächtliche Begräbnis des sich selbst Entleibten kommentierende Vorgesetzte des Pfarrers (wie ich meine) heißt dessen Vorgehen in diesem Fall gut, es sei ein geringerer Schaden zumal bei den Bauern zu befürchten als bei einer Bestattung außerhalb des Friedhofes, diese vorgeschlagene Lösung (Bestattung in der Nacht im geweihten Erdreich aber ohne Glocken nach katholischem Ritus) sei hervorragend.
sehr frei interpretiert von Miss Marple - deren grosses Latinum bereits einige Dekaden zurückliegt.

Ich hab nur so eine Proforma-Ergänzungsprüfung gemacht und das war im vorigen Jahrtausend ...
Was die beiden Priester betrifft war ich anfangs verwirrt, warum der arme Mann immer nach Weyer gegangen ist, dann ist mir aber klar geworden, dass er überhaupt aus der Pfarre Weyer war (Mitterauergut Küpfern 15, noch 1750 u. 87 wird ein Hans Pichler als Besitzer genannt, im ersten Fall vermutlich der mit seiner Mutter aussagende), seine Leiche aber in Großraming gefunden worden ist, weshalb der dortige Pfarrer für die Bestattung zuständig war. Ich hätte den Pfarrer von Weyer so verstanden, dass er ihn sogar feierlich begraben hätte, weil er für die Tat nicht zurechnungsfähig war. Deshalb habe ich gedacht, der Absatz enthält eine Begründung, warum er ihn in aller Stille begraben hat lassen, wenn auch in geweihter Erde.
Was es mit der Richtung des Kopfes auf sich hat, wäre auch interessant!

Robert.

Hallo Robert

das war mir gleich klar mit den beiden Pfarren, weil ich die Örtlichkeiten ungefähr kenne. Auch wenn er zur Großraminger Pfarre gehört hätte, wäre Weyer viel näher gewesen.
ich habe so das Gefühl, dass er sich für seinen Kompromiss - geweihte Erde, aber eben Nächtens - rechtfertigen wollte.

Zur Kopfrichtung -
Nur so meine (heidnisch, evangelischen) Gedanken dazu - auf einen meiner Praxisbetriebe lag der Friedhof auf einen Hügel und alle Gräber blickten Richtung Kirche am Hügel - also lagen alle eigentlich mit dem Kopf bergab. Meine tiefst katholische Praxisfamilie war über meine Gedanken etwas verwundert (entsetzt vielleicht) und meinten dann, na eigentlich ist der Kopf eh bei der Kirchenseite und nicht beim Grabstein. Vielleicht hat sich da auch nie einer Gedanken gemacht, weils eben so ist.

Großraming liegt auf eine Anhöhe, wo der Friedhof ist bzw war weiß ich jetzt nicht (schon lang keine Verwandten mehr dort begraben) aber vielleicht hat das was damit zu tun? Zwar in geweihter Erde, aber nicht der Kirche zugewandt?

Stimmt, das hat mit der Erwartung der Auferstehung zu tun. Habe jetzt ein wenig nachgeforscht - die Toten wurden mit dem Kopf im Westen bestattet, damit sie, wenn sie sich aufrichten, Christus (- der als die wahre Sonne, bzw. der wahre Morgenstern aus dem Osten kommt) entgegenschauen.
Außerdem scheint sich die Abschaffung "entehrender" Riten für Selbstmörder besonders gegen den Volksglauben schwer getan zu haben (- Angst vor Wiedergängern).
Vielleicht hat der Pfarrer von Großraming deshalb den Toten in Stille begraben lassen, damit es nicht für die "Bauern ein großer Skandal" ist.
Dann gibt es noch ein Verständnisproblem: Es heißt, er sei in geweihter Erde bestattet worden, der Friedhof der unschuldigen Kinder war aber doch gerade KEINE geweihte Erde und deshalb auch für Selbstmörder vorgesehen???
Der Friedhof liegt in Großraming immer noch um die Kirche herum, werde versuchen herauszufinden, wo der Teil für die unschuldigen Kinder war, vielleicht hilft das bei der Lokalisierung ...

Robert.

A bisserrle a Weihwasser hin und fertig ist die geweihte Erde oder nicht?

Mit dem Richtung Westen begraben - wie geht das wenn drr Friedhof rund um die Kirche ist? Liegens dann der Quer drin??

Grübel

Die Gräber müssen ja nicht radial um die Kirche angeordnet sein, sondern sind dann gewöhnlich immer in Ost-West-Richtung angelegt. Ich verstehe auch nicht, warum man den Grabstein in dem von dir erwähnten Ort nicht einfach ans Kopfende gesetzt hat??
Übrigens nehme ich an, dass die Särge dort nicht "schief" ins Grab gelegt worden sind, sondern schon waagrecht, was deine Bedenken zerstreuen würde ...

Leider hat meine "Auskunftsperson" ad hoc auch nicht sagen können, wo der Friedhof der unschuldigen Kinder war. (Wenn ich mir die Lage auf der Urmappe anschaue, kann es eigentlich nur der Bereich nordöstlich oder östlich der Kirche gewesen sein, der heute auch in den Friedhof einbezogen ist. Dass die Mauer nördlich der Kirche zweimal ums Eck geht, lässt mich vermuten, dass der ausgesparte Bereich für die ungetauften Kinder war.)
Die Erwähnung der beiden Mauern ergibt für mich nicht wirklich Sinn. Und was heißt "mit dem Kopf zur Friedhofshauptmauer" - mit dem Kopf AN der Mauer oder mit dem BLICK zur Mauer??

Robert.

"Mit dem Kopf zur Mauer" würde ich so verstehen, daß die Füße von der Mauer wegzeigen.

Wenn er im östlichen Teil des Friedhofs begraben worden wäre, dann hieße das mit dem Kopf nach Osten also entgegen der sonst üblichen Richtung. "Heilige" Erde, aber "böse" Lage.

Wieso sollte der Friedhof der unschuldigen Kinder nicht geweiht gewesen sein?